Pleiten, Pech & Pannen
Um eines vorweg zu nehmen: Das Beitragsbild steht nur symbolisch für diese Zeilen, denn erstaunlicherweise war das darauf zu bewundernde Outfit damals volle Absicht… Wir nannten es Parodie, die Zuschauer nannten es „Hä???“ (Deshalb wurde diese Nummer nicht allzu oft aufgeführt…)
Jeder Künstler auf und hinter der Bühne kennt sie – die kleinen und großen Pannen und unvorhersehbaren Ausnahmesituationen. Jede dieser ungeplanten Herausforderungen bringt uns Bühnenmenschen aber irgendwie weiter, denn gilt es doch in einem solchen Moment, das Publikum im Glauben zu lassen, alles wäre geplant. Das gelingt natürlich nicht immer.
Jahre später schmunzelt man über solche Momente. Momente, wie das eine Mal,…
…als der Kollege mich vor der Pause einer abendfüllenden Varietéshow mit einem großen weißen Stofftiger in den Backstagebereich verfolgen sollte (fragen Sie nicht, warum – das war Kunst!) – es stattdessen aber nur heftig krachte, gefolgt von hysterischem Lachen. Der Kollege schaffte es nur noch humpelnd hinter den Vorhang, nachdem er sich mitsamt Raubkatze langgelegt hatte. Und ausgerechnet an diesem Abend gab es keine Videoaufzeichnung und ich habe diesen Moment ausschließlich als Audiospur in meinen Erinnerungen.
…als ich mich backstage auf die nächste Nummer vorbereitet habe, während der Kollege auf der Bühne eigentlich einen Spazierstock schweben lassen sollte. Leider war wohl kein gutes Schwebewetter, denn der Stock wollte einfach nicht tanzen. Daher fiel die Nummer sehr kurz und für das Publikum sehr verwirrend aus. Denn außer einem orientierungslos mit Spazierstock dastehenden und zeitig die Bühne verlassenden Kollegen gab es nicht viel zu sehen. Das war der Moment, an dem der Kollege seine neue EXIT-Strategie entwickelt hat – er schwor sich nämlich, in einer ähnlichen Situation künftig einfach umzufallen und liegen zu bleiben. Mir ist keine Situation überliefert, in welcher das danach vorgekommen wäre…
…als es im August geregnet hat wie aus Kübeln und es keine überdachte Auftrittsmöglichkeit für unsere Feuershow gab. Wir hatten das vorher mit dem Auftraggeber besprochen, aber keiner hatte erwartet, dass wir wirklich so viel Pech mit dem Wetter haben würden. Wir haben unsere Show trotzdem gezeigt – so gut es ging. Die Hälfte der Effekte war einfach nicht möglich – Feuer und Wasser verträgt sich nicht so gut. Nass bis auf die Haut in zentnerschweren durchweihten schwarzen Jeansklamotten haben wir uns über das großzügige Trinkgeld gefreut, dass man uns für unser Bemühungen dankbar in die Hand gedrückt hat. Es gibt nämlich noch anständige Menschen auf der Welt!
…als ich die Löschdecke einfach falsch benutzt habe und sie lichterloh in Flammen aufging – im geschlossenen Raum. Zumindest weiß ich seitdem, wie man es nicht macht. Und dass der Rauchabzug eine Weile braucht, bis er anspringt. Und dass eine brennende Löschdecke beißenden Rauch produziert. Und dass man trotzdem Applaus bekommt, wenn man das Desaster mit einem gut platzierten Schwall aus einem Eimer mit Wasser beseitigt!
…als ich Zauberstäbe auf das Publikum regnen lassen wollte, das Päckchen aber nicht aufgehen wollte und deshalb mit einem dumpfen Geräusch auf einem der Tische landete. Es war mäuschenstill im Saal – mit der Ausnahme des sich totlachenden Kollegen hinter der Bühne, der auch bei seiner darauffolgenden ernsten Musiknummer sein Gesicht nicht ganz unter Kontrolle hatte.
…als wir im Burgkeller aufgetreten sind und eine Fledermaus uns die Show gestohlen hat. Sie war den ganzen Abend mit uns im Raum und ist immer mal wieder – natürlich besonders gerne an sehr unpassenden Stellen – über die Bühne oder die Köpfe der Zuschauer geflogen. Hätte sie sich dressieren lassen – wir hätten sie als Ablenkung engagiert. In einem solchen Moment hätten wir einen Elefanten reinfahren können – es hätte keiner bemerkt.
…als ich nach der Ankündigung den Saal betrat, den Begrüßungsapplaus entgegen nahm und das kleine Kind auf dem Arm der Mutter während meiner ersten Worte in lautes Weinen ausbrach. Und nach draußen gebracht wurde. Ich habe dieses Statement niemals persönlich genommen. Echt nicht. Ich schwöre! (Zumindest war diese Interaktion sehr ehrlich – ehrlicher als die Zuschauer, die nach der Pause nicht mehr in den Zuschauerraum zurück gekommen sind. Das ist zum Glück nur zweimal vorgekommen – bei sehr experimentellen Shows mit Horroreinlagen bzw. mit experimenteller Literatur. Ist geschenkt – vielleicht wäre ich auch gegangen…) Nur ein einziges Mal haben wir uns über abgehende Zuschauer ein kleines bisschen gefreut – als nämlich so viele Leute an der Abendkasse standen, dass nicht alle Platz gefunden haben!
Naja, vieles davon war in der tatsächlichen Situation wirklich sehr lustig. So richtige Katastrophen habe ich noch nicht erlebt. Ich klopfe dreimal auf Holz, damit es auch so bleibt!